Ehemaliges Joachimsthalsches Gymnasium

Wiedereröffnung des Joachimsthal'schen Gymnasiums?

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Am 8. Mail 2009 fand in der Aula des Joachimsthaler Gymnasiums ein Kolloquium statt, das die Wiedereröffnung des traditionsreichen Gymnasiums in Templin zum Thema hatte.

Joachimsthla'sches GymnasiumDie Alten Joachimsthaler scheinen noch immer eine ernstzunehmende, ja eine ernstgenommene Größe zu sein. Denn eigens für die zum Jahrestreffen vom 8.-10. Mai 2009 angereisten Mitglieder veranstaltete das Team um Herrn Christian Kolbe, den neuen Besitzer der Immobilie, das sich die Wiedergründung des Gymnasiums zum Ziel gesetzt hat, ein „Kolloquium“ in der Aula, um die ehemaligen Schüler und die örtliche Presse zu informieren und für Fragen zur Verfügung zu stehen. Sowohl in dem ausliegenden Papier von Herrn Kolbe wie im Pressebericht von der Veranstaltung werden die Alten Joachimsthaler ausdrücklich erwähnt.

Herr Kolbe berichtete zunächst vor den etwa 80 Zuhörern, dass er die Immobilie im Jahr 2006 natürlich mit dem Interesse erworben habe, daraus Gewinn zu erzielen, etwa mit Wohnungen, neben dem Betrieb eines Gymnasiums. Von der Stadt Templin sei aber ein Gesamtplan für den Schulbetrieb gewünscht worden. Deshalb wolle er jetzt eine neue Gesellschaft gründen, in die alle eintreten könnten, die an einer Kapitalgesellschaft interessiert seien. Er stelle sich also drei Säulen vor, die das Gymnasium tragen sollen: Die Beteiligungsgesellschaft, eine Fördergesellschaft und möglicherweise eine Stiftung.

Im Anschluss daran trug Frau Dipl.-Ing. Astrid Jordan ihre Ideen vor. Sie ist Geschäftsführerin des gemeinnützigen Vereins Star Field e.V., der sich mit der Planung und Realisierung von Projekten besonders im Bildungsbereich beschäftigt. Sie soll für den selbständig geführten Internatsbereich zuständig werden. Sie sei Regionalplanerin, nicht Erzieherin. Sie beschäftige sich seit zehn Jahren mit Gemeinschaftsprojekten in einem Netzwerk, das Menschen jenseits der 60 oder 70 motiviere, ihre Erfahrungen einzubringen. Sie sei ermutigt worden, an Herrn Kolbe heranzutreten für die Ausarbeitung eines ganzheitlichen Erziehungskonzepts. Das heißt, es sollen ältere Menschen darin einbezogen werden, die mit den Schülern zusammen arbeiten oder sogar zusammen leben, als erweitertes Bildungsangebot. Auch Aristoteles ging in seiner Philosophie von der Erfahrung aus (Omnis cognitio incipit a sensu). Ältere, erfahrene Menschen können den Schülern Unterstützung geben zur persönlichen Entwicklung, zur Entscheidungsfindung, zum Abnabeln, zur friedlichen Konfliktlösung. Deshalb besteht das familiäre Konzept aus auf dem Campus wohnenden Eltern, den eigenen und Gasteltern, sowie aus eigens eingeladenen evtl. berühmten Persönlichkeiten mit besonderer Biographie. Kommunikation, nicht nur mit der älteren Generation, ist Fundament des Konzepts. Leben und Lernen heißt die Devise. Dazu gehört auch ein gesamtheitliches Gesundheitskonzept, das die Konzentrationsfähigkeit und die Wahrnehmungsfähigkeit fördern soll. Es sei also ein komplexes Projekt, darin bestehe aber das Alleinstellungsmerkmal.

Jetzt kam Prof. Gerhard Austin zu Wort, der aus den USA angereist war. Er sprach von seiner Herkunft aus Litauen - sein Name war dort Austinas - seinem Studium in Göttingen, seiner Emigration und dem Studium in Boston und Milwaukee, wo er promoviert wurde und sich für Germanistik habilitierte, von seiner Professur in Connecticut, von seiner transatlantischen Arbeit für das Goethe-Institut. Jedes 2. Semester verbrachte er in Deutschland, um Amerikanern mit 4 Monaten Studium in Mannheim oder Jena und 4 Monaten in der Industrie ein besseres Deutschlandbild zu vermitteln. Nach der Wende und der Bürgerbewegung in der ehemaligen DDR wurden diese Kurse nicht mehr gewünscht, da ergab sich über den DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst), dessen Außenstelle in Berlin das VAJ-Mitglied Heinz Wegener leitete, eine neue Möglichkeit, umgekehrt deutschen Studenten ein besseres Amerikabild nahe zu bringen, angefangen mit Templin-Seminaren für 20 Studenten, wobei er Bürgermeister Schoeneich kennen lernte. Als diese Seminare ausliefen, zog ihn Schoeneich zur Mitarbeit an der Wiedergründung des JG heran. Er habe inzwischen in Deutschland Kontakte zur Wirtschaft geknüpft und werde auch in den USA dafür werben, dass Kinder ausländischer Mitarbeiter von US-Firmen hier zur Schule gehen, um einen Stab von Leuten heranzubilden, die Deutschland gut kennen. Dafür sei es wichtig, dass Templin 60 km von der Hauptstadt entfernt ist, nicht inmitten von deren Trubel, denn das wünschten die Eltern nicht. Die kritische Phase des Projektes, für das ein zentrales Management eingerichtet werden soll, seien die ersten drei Jahre, in denen das Land Brandenburg keine Lehrergehälter zahlt. Zur Haltung des Staates, des Landes Brandenburg, könne Bürgermeister Schoeneich etwas sagen.

Herr Schoeneich übernahm daraufhin den Part, über die Verhandlungen mit der Potsdamer Landesregierung zu berichten. Sie waren deswegen so schwer, weil der zuständige Referatsleiter, Dr. Öhrling, der den Plänen gewogen war, in Altersteilzeit gegangen sei. Wichtig sei für die Genehmigung eines Antrages der vorgesehene Schulträger. In dem von Herrn Dahnke, dem stellvertretenden Direktor von Schulpforta, Ende Dezember eingereichten Konzept war der Träger offengelassen. Daraufhin wurde dieser Antrag in Potsdam nicht bearbeitet. Erst eine Stunde vor dem Treffen des Gründungsteams mit dem Bildungsminister in Potsdam am 3. April einigte sich das Team darauf, Herrn Kolbes vorläufige Trägergesellschaft („Bildungsstadt Templin“ BIT GmbH) als endgültige anzugeben. Das brachte den Durchbruch im Ministerium. Herr Dahnke hat sein Konzept Herrn Kolbe zur Verfügung gestellt. Minister Rupprecht hat daraufhin deutlich gesagt, er wolle dieses Konzept, das die Schule mit Wissenschaft und Wirtschaft frühzeitig in Verbindung bringt, in Templin haben. Sein Abteilungsleiter Min.-Rat Dr. Budde erläuterte: Das ist ein Auftrag, die Mitarbeiter des Ministerium sind gehalten, bis zur Sommerpause den Antrag zu genehmigen. Vom Konjunkturprogramm könnten sie nichts erwarten, weil das damit zugeteilte Geld nur für die bereits bestehenden Privatschulen reiche, nicht für eine Neugründung. Das Joachimsthalsche Gymnasium müsse ohne staatliche Investitionsmittel entstehen. Wenn es dann da ist, kann es mit allen möglichen finanziellen Mitteln Unterstützung finden. Möglichst bald würde Herr Dr. Budde mit Herrn Kolbe Finanzierungsmöglichkeiten beim Abteilungsleiter der Landesinvestitionsbank (ILB), Herrn Stengler, besprechen. Die ILB würde dann sagen, welche Banken für eine Mitfinanzierung infrage kämen.

Nach diesen recht ermutigend klingenden Auskünften ergänzte Herr Prof. Austin, auch er habe nach seiner Ankunft aus den USA ein gutes Gespräch mit Herrn Dr. Budde gehabt, nach drei Jahren würden alle Hilfen gegeben. Das Konzept sei das Beste, das sie in 15 Jahren gesehen hätten.

Auf eine Frage aus dem Publikum, ob der Verein von Frau Jordan Gelder annehmen könne, sagte sie, das sei möglich, weil er gemeinnützig sei. Frau Kasner, die bekannte Templinerin, fragte vehement nach, woher das Geld für die Neugründung kommen solle? Bis zur Genehmigung eines Konzeptes sei man schon öfters gekommen. Herr Schoeneich antwortete, die Immobilie sei beleihungsfähig, wenn das Konzept einmal genehmigt ist. Herr Kolbe bestätigte, es ist ein darstellbares Konzept nötig, dann würden Banken und Privatleute und evtl. eine Stiftung das notwendige Geld geben. Ein anderer Redebeitrag wies auf die große Geschichte des Joachimsthalschen Gymnasiums hin, die müsse man herausstellen und damit werben. Prof. Norpoth nannte es erfreulich, dass die familienförmige Form des von Frau Jordan geplanten Internats an die Tradition des Familien-Internats mit einer Hausdame in jedem Alumnat anknüpft. Zu dem von ihr erwähnten Bericht des – anwesenden – Herrn Dr. Ritzi über Reste der alten Schul-Bibliothek im Keller des Gymnasiums (der zur Einsicht auslag) wolle er bemerken, dass es nicht nur verborgene Schätze im Keller gäbe, die noch lebenden Schüler seien solche verborgenen Schätze, wie auch das übermalte Bild in der Aula von Paulus auf dem Areopag, unter dem auf Griechisch frei übersetzt stand: Wer Bildung ohne Werte vermittelt, ist ein Falschmünzer. Für diese humanistischen und christlichen Werte träten die Alten Joachimsthaler ein.

Nach einer Kaffeepause sprach der inzwischen eingetroffene Herr Thomas Dahnke, der vierte im Bunde des Gründungsteams, über sein Konzept einer engen Verbindung von Schule, Wirtschaft und Wissenschaft. Auch auf internationale Verbindungen wird Wert gelegt, wie die Mitarbeit von Herrn Austin zeigt. Bei Praktika in Betrieben oder Auslandsaufenthalten können die Schüler über eine „virtuelle Akademie“ per Internet ständig mit den Präsenzschülern mitlernen, weil die Stunden-Inhalte ins Netz gestellt werden. Es solle nicht nur die Tradition gewahrt, sondern auch neues Wissen integriert werden. Auf eine Frage von Herrn Wegener, wie es denn in Schulpforta nach 1989 gewesen sei, antwortete Dahnke, Schulpforta sei eine Landesschule, das Land sei Träger, da sei alles einfacher. Hier in Templin müsse etwas ins Leben gerufen werden, was Aufmerksamkeit erregt, dann kommen die Leute aus der Wirtschaft und Wissenschaft von sich aus.

Eine letzte Frage bezog sich noch einmal auf die Finanzierung. Herr Kolbe antwortete, sie hätten alles durchkalkuliert, das Projekt sei machbar, und das Land habe seine Unterstützung zugesagt.

Nach drei Stunden schloss das Kolloquium.

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