Balthasar von Campenhausen ist tot

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TodesanzeigeMit großer Bestürzung hat der AkeL-Vorstand vom Tode Balthasars von Campenhausen erfahren. Er war der Vater von Jan von Campenhausen sowie von Gerhard, Mark und Claus, die in den Jahren 1975-1985 die Landesschule als Externe besuchten.

Als Kind war er selbst Schüler des Joachimsthal'schen Gymnasiums in Templin. Ein Viertel Jahrhundert später konnte er sich durch die Gründung der Ev. Landesschule zur Pforte in Meinerzhagen erneut an der Geschichte der Landes- und Fürstenschulen beteiligen. Viele Jahre lang brachte er sein Wissen und seine Erfahrung in seine Arbeit als Vorsitzender des Elternrates, Mitglied des Schulkuratoriums und Vorstand der Melanchthon-Stiftung ein.

 

Am Tage seiner Beerdigung wurde aus seinen Memoiren vorgelesen, die auch einige Stellen, unsere Schulen betreffend, enthalten:

 

... Mein Vater hatte gewünscht, dass ich ein humanistisches Gymnasium besuche. Deshalb bekam ich in Rotenburg bei dem 80-jährigen Studienrat Dr. Etzrodt Nachhilfe-Unterricht in Latein. Seine Lateinstunden waren hart, ich lernte schwer und der Alte hatte wenig Geduld. Wahrscheinlich war das angestrebte Ziel aber nur so zu erreichen. Er schaffte es tatsächlich, mir in einigen Monaten das Sexta- und Quinta-Pensum an Latein so einzupauken, sodass ich die Aufnahmeprüfung in die Quarta des Joachimthal´schen Gymnasium in Templin bestand.

In Templin hatte ich natürlich anfangs etwas Heimweh, aber ich war gerne dort gewesen. Als ich in die Schule und Internat eintrat, herrschte noch der alte christlich-humanistische Geist. Die Tradition der preußischen Pfarrer-, Beamten-, Offiziers- und Gutsbesitzer-Familien, die ihre Kinder ins Internat schickten, war noch lebendig. Aber das Präfektensystem, bei dem die älteren Schüler die disziplinarische Verantwortung für die Jüngeren hatten, war nicht mehr in Ordnung. Es gab fast nur noch ältere Lehrer und die Unter- und Ober-Primaner waren Flakhelfer oder Soldaten. Die Präfektenfunktionen übernahmen jüngere Schüler, die den pädagogischen Anforderungen kaum gewachsen waren. 1943 wurde das Präfektensystem abgeschafft, die Schule sollte NAPOLA werden. NAPOLA hießen die National-Politischen Erziehungs-Anstalten, die Elite-Schüler für die Führungspositionen des Nationalsozialismus ausbilden sollten. Von dieser Umwandlung erlebte ich nur den Beginn. Nach den Sommerferien 1944 ließ mich meine Mutter nicht mehr nach Templin zurückreisen. Die ständigen Bombenangriffe machten das Reisen gefährlich. Ich sah das nicht ein, musste mich aber fügen.

26 Jahre später war ich noch einmal an der Fortsetzung der Geschichte des Joachimsthal´schen Gymnasium beteiligt. Diesmal nicht als Schüler sondern leitend und leidend. In Meinerzhagen gab es die „Evangelische Landesschule zu Pforte“, die drei meiner vier Söhne bis zum Abitur besucht haben. Diese Internatsschule war von „Alten Joachimsthalern“ und vier anderen Verbänden ehemaliger „Fürstenschüler“ mit der Evangelischen Kirche von Westfalen Schulträger gegründet worden.. „Fürstenschulen“ nannte man die Internats-Gymnasien, die nach der Reformation in mitteldeutschen Ländern von Landes-Fürsten gegründet worden waren. Martin Luther hatte den Fürsten in ihren Ländern die Leitung der Evangelischen Kirchen übertragen. Staat und Kirche brauchten Ersatz für die katholischen Klosterschulen. Diese alte kirchliche Schultradition endete, als die Sowjets Mitteldeutschland besetzten. Die Kommunisten duldeten keine christliche Schule.

Ich war einige Zeit Vorsitzender der Elternvertretung und in den letzten Jahren vor dem traurigen Ende der „Evangelischen Landesschule zur Pforte“ Mitglied im Schulkuratorium und im Vorstand der Melanchthon-Stiftung, die Stipendien für bedürftige und würdige Schüler vergab. Die Schule geriet infolge von Fehlentscheidungen des Schulträgers in Schwierigkeiten. Es war der Zeitgeist und der gesellschaftspolitische Gesinnungswandel, der 1998 zur Schließung der Internats-Schule führten ...